Die
Verfluchten Viertes Kapitel |
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Erste
Szene |
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(Mathilde
bereitet sich in ihrem Gemach zur Hochzeit vor, Theresia hilft ihr.)
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Theresia: | Schau´
nicht so trüb´!
Es ist dein größter Tag.
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Mathilde: | Ich
weiß,
Fang´ bitte nicht schon wieder damit an! (Ringt sich ein Lächeln ab.) Ist´s besser so?
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Theresia: | (Schüttelt
den Kopf und grinst zurück.)
Was soll nur mit dir werden?!
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Mathilde: | Frag´
meinen Bruder,
Er weiß es sicherlich Und heut´ erstmal die Frau vom Fürst.
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(Schweigen,
Mathilde geht zum Fenster, sieht hinaus, abwesend.)
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Ich kann
es einfach nicht versteh´n,
Was geht in meinem Kopf herum?! Hätt´ vor Tagen man gefragt, Ob ich ihn lieben würd´, Ohne zögern - Ja - hätt´ ich gesagt. Heut´ führt er mich gar zum Altar, Ein "JA" erwartet er von mir, Ich geb´ es ihm, auch ohne Zögern, Keine Zweifel plagen mich, Ich kann´s nicht nenn´.
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(Theresia
umfaßt von hinten Mathildes Schultern und legt ihren Kopf auf diese,
liebevoll, mütterlich.)
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Doch
ist es nicht dasselbe "Ja"
Wie ich ihm einst geschworen hätt´. Immer wieder, immer wieder, Seh´ die selben Bilder immer wieder, Kann nicht ab von ihnen, und sie quälen so. Wie sie kämpften, schlugen, stachen, Einer tot zu Boden fiel, Wo schon and´re seiner Freunde lagen. Da wurd´ mir klar, Feind - er von uns nie im Leben war. Doch, was war er dann, wenn nicht ein Feind?! Und wie er tot herniederfährt, Nimmt er die Liebe seines Feindes mit in´s Grab. Aber auch den Haß hat er vertilgt, Was bleibt ist grenzlos-stille Leere. Doch was kann diese einem Manne nützen? Wie soll ich ihm in´s Auge sehen können, Daß er nichts bemerkt von meinem Sinn? Ihn trifft doch keine Schuld?! (Tränen rollen.) Auch, du, mein Kummer, Wen bewein´ ich nur? Hab´ ich nicht zwei Mit einem Male sterben spüren? So fließe denn hernieder, Jede Seite für den einen.
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Theresia: | Oh
du, mein armes Kind.
Wie kann ich dir in deinem Kummer helfen?
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Mathilde: | (Dreht
sich herum und lächelt süß.)
Ist lieb gemeint, meine allerliebste Theresia, Doch ist mir nicht zu helfen. Das Schicksal hat sich mir entsagt, So muß ich nun mich fügen. Dem Gemahl ein treues Weibe sein, Den König achten und auch ehren, Werde keinem einen Anlaß geben, Daß unzufrieden´ Worte Über mich je fallen können. Mit Recht, so soll ein jeder von mir denken, Ich, die Gattin, wie man´s sich wünscht. Und keiner soll je erfahren, was die Wahrheit ist.
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Theresia: | (Setzt
sich auf einen Stuhl.)
Soll mein Kummer, Über all die Kinder, die ich hatte, Bis zum Tode dauern, niemals enden! Hab´ ich nicht genug ertragen?! Muß ich auch noch dieses Leid erfahren?
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Mathilde: | (Kniet
vor Theresia nieder, nimmt ihre Hände.)
Dein Leid kann enden auf der Stell´. Schau, denn ich fühl´ nichts. Mach´ es so, wie ich es muß.
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Theresia: | Ich
kann es nicht!
Mein Herz, es schlägt so warm, Darin kein Gefühl gebannt dort werden kann, So muß ich´s mir aus meiner Seele reißen, Wenn ich nichts fühlen will. Und so bete ich zu Gott, Daß er mich erhören mag. Schaff´ ein´ Funken Hoffnung In diese junge Brust, die noch nie, Noch keinem Menschen je ein Leid gefügt.
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Mathilde: | (Führt
Theresias Hände an die Wangen.)
Gott hat dich erhört, so glaube ich, Denn ein Hoffnungsschimmer strahlt soeben hell.
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Theresia: | (Verwundert.)
Wie meinst du das?
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Mathilde: | Schau!
Ich fühle noch, würd´ ich sonst so mit dir leiden?
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Theresia: | (Faßt
neuen Mut.)
So? Ich wußte, Daß mein Leid mal enden mußte. Also kann die Zeit es schaffen, Deine Liebe wieder neu zu bauen, Selbst wenn es eine Ewigkeit An Leben dann bedarf, es kann gescheh´n.
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Mathilde: | (Lächelt.)
Vielleicht?
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Theresia: | Also
ist er in dein Herz geschlichen,
Der Räubersmann.
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Mathilde: | (Traurig.)
Sprich nicht mehr von ihm, Ich bitte dich, es schmerzt gar sehr.
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Theresia: | Hab´s
mir fast gedacht.
Nun denn, so laufe nicht davon, Geh´ zum Angriff über, Schlage deinen Kummer in die Flucht, Daß die Zeit, die viel besser heilt, Als so mancher Medikus, Der die halbe Welt besucht Und auch kein Mittel finden konnt´, Ihr Werk sofort beginnen kann. (Steht auf.) Also, was sitzt du da noch rum?! Keine Zeit darfst du verlieren, Weil sie viel zu kostbar ist. Heute ist dein Tag des Glücks, Pflegst du es recht, Ach wer weiß, Was später einmal wird?
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Mathilde: | (Springt
auf.)
Du bist und tust so gut.
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(Mathilde
drückt sie; Vorhang.) |
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Zweite
Szene |
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(Heinrich
II. sitzend, links neben ihm Gustaf und Mathilde, das frischvermählte
Paar, daneben Theresia; auf der rechten Seite Zacharias, dahinter Adel vom
Hof; auf einer Terrasse, schauen in´s Volk, wo das Schauspiel naht,
Totenstille.)
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Zacharias: | Es
scheint mir fast,
Kein Mensch ist weit und breit mehr unterwegs, Weil alle hier versammelt sind.
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Heinrich: | Mit
gutem Grund.
Keiner will das Schauspiel heut´ verpassen.
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Mathilde: | (Leise
zu Theresia.)
Diese Masse macht mir Angst.
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Theresia: | (Leise
zurück.)
Die Stille ist viel schlimmer. Schau´ dir die Gesichter an, Voll von Trauer, voll von Wut.
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(Gustaf
sitzt wie versteinert da.)
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Zacharias: | Spürt
ihr diese Spannung,
Wie die Masse ungeduldig lauert? Wie hungrig´ Löwen, die sich in Sekunden Auf ihr armes Opfer stürzen. Diese Blicke, voll von Haß, Die Gier nach Blut, Man kann sie förmlich greifen.
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Heinrich: | Ich
sehe, euch gefällt´s.
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Zacharias: | Und
ob!
Und wie der Pöbel jubelnd toben wird, Wenn der Schurke erst enthauptet ist. Ich kann es kaum verbergen. Obwohl, ich muß gesteh´n, Etwas Mitleid, um die Seele hab´. Schließlich ist er auch nur ein Geschöpf Von Gottes Hand. Nicht wahr.
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(Fanfaren
ertönen.)
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Theresia: | Da
kommen sie.
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Heinrich: | Recht
böse sieht er aus.
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Zacharias: | Ja!
Wie vom Teufel selbst besessen.
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Theresia: | (Leise
zu Mathilde.)
Wie stolz er seinem Tod entgegensieht, Als hätt´ er nichts zu fürchten.
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(Mathilde
nickt.)
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Heinrich: | Wo
wird, solcher Abschaum groß,
Wie niedrig von Geburt, muß man doch sein, Um so zu werden, so zu enden.
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Zacharias: | Im
Volke redet man,
Er sei in einem Kloster aufgewachsen. Welch schamlos Lügenmaul muß es gewesen sein, Diese Dreistigkeit zu haben, Ein solches Zeugnis, falsch, Als sei´s direkt vom Teufel losgekommen, Unters Volk zu setzen.
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Heinrich: | Ihr
seht doch selbst,
Daß es kein bißchen nützt. Wie sich der Haß auf diese Kreatur entlädt. Wobei ich sagen muß, Die Vorstellung, er sei entsprungen Aus klösterlichen Mauern, Einen gewissen Witz besitzt.
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Zacharias: | Ganz
zweifellos,
Des Teufels Verführungskünste, Niemals zu unterschätzen sind. Doch in Sekunden, kann der Teufel Sich an seiner neuen Ernte schaffen.
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Heinrich: | Kann
es sein,
Daß ich soeben einen Hauch Von Wohlgefallen hört´?
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Zacharias: | Ihr
müßt euch irren, euer Hoheit.
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(Im
Hintergrund wird das Urteil verlesen, man hört die Stimme, doch es ist
nichts zu verstehen.)
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Mathilde: | (Zu
Theresia.)
Bin ich taub?! Das Volk ist still, Dennoch versteh´ ich keinen Laut.
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Heinrich: | Habt
ihr was gesagt, Mathild´?
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Mathilde: | Ja,
ich kann kein Wort versteh´n.
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Heinrich: | Welche
Rolle spielt´s?
Schuldig ist er eh´, und nicht mehr lang Auch tot. Es ist die Klageschrift, Auf die er schuldig ist. Für euch nicht wichtig, Nicht von Bedeutung ist´s für uns, Das Volk soll´s hören und versteh´n.
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Zacharias: | Euer
Hoheit, entschuldigt mich,
Doch darf ich korrigieren, Ich glaube nicht das es versteht, Lernen wird´s hieraus, vielleicht? Man weiß es nicht, doch sicher ist, Begreifen wird es nicht.
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Mathilde: | Unterschätzt
ihr nicht das Volk?
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Zacharias: | Mit
Nichten.
Ein Leben lang hab´ ich´s beschaut. Sicher, es ist von Nutzen, Weil es dient, es ist ihr Lebenssinn, Doch unbedeutend ist es auch. Denn ein jeder Bauer oder Knecht Kann von einem anderen beliebig, Wie wir´s wollen, ausgewechselt werden.
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(Die
Stimme verstummt im Hintergrund.)
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Ich
glaub´ jetzt geht es los.
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(Fanfaren.)
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Mathilde: | (Zu
Theresia, greift ihre Hand, die Augen zu.)
Wenn´s vorbei ist, so sag´ es mir.
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Theresia: | (Zurück,
auch die Augen zu.)
Wie soll ich´s wissen, Mit verschloss´nen Augen Kann selbst ich nicht seh´n.
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(Heinrich
und Zacharias zucken beglückt zusammen; tiefes Raunen, Kinder weinen aus
dem Volk.)
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Heinrich: | Es
ist vollbracht.
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Zacharias: | Welch
ein meisterlicher Hieb.
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(Die
Frauen öffnen wieder die Augen.)
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Mathilde: | Mir
ist nicht gut.
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Theresia: | Zuviel
ist´s für einen Tag.
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(Vorhang.) |
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Dritte
Szene |
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(Die
Hochzeitsgesellschaft an einer langen Tafel voll mit Speisen und
Getränken, Heinrich II. in der Mitte der Rest wie in der Szene zuvor,
Zacharias redet abwechselt mit dem König zur Linken und Hermann zur
Rechten, es wird gesoffen und gefressen.)
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Theresia: | (Zu
Mathilde.)
Was ist mit deinem Mann?
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Mathilde: | Ich
weiß es nicht.
Kein Wort hat er bisher gesagt Seit der Hinrichtung. Er sieht so anders aus, Man könnte meinen fast erstarrt.
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Zacharias: | (Etwas
lauter, leicht angetrunken.)
Ein wahrhaft königliches Mahl. Verstehe nur nicht, daß der Mann, Der heut´ im Mittelpunkt doch seien müßte, Weder ißt und trinkt, noch spricht. Es bangt ihm wohl vor seiner ersten Nacht, Wo ein Mann ein Mann sein muß.
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(Gelächter,
Gustaf immer noch abwesend im Saal herumstarrend.)
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Heinrich: | (Auch
angetrunken.)
Wohl möglich, weiß er gar nicht, was ihm blüht. Sonst würd´ er nicht so wirrend sein, Viel mehr der Nacht entgegen fiebern. Ungeduldig wie die Meute, vor der Jagd, Die gebunden an den Leinen, Diese bald zerreißen, Um dem Wilde nachzustellen. (Heinrich schlägt Gustaf freundschaftlich auf den Rücken.) Was ist mit euch, mein Vetter?!
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Gustaf: | (Sieht
dem König in die Augen.)
Habt ihr nicht das Volk geseh´n?
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(Mathilde
stößt Theresia an, lauschen gespannt.)
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Heinrich: | Na
und?
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Gustaf: | Euer
Volk, mein König.
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Heinrich: | (Sein
Lächeln verschwindet.)
Wie meint ihr das?!
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(Der
ganze Saal verstummt.)
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Gustaf: | Die
Gesichter aller, die da waren,
Sie wurden ein´s.
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Heinrich: | Und
ob,
Das Volk war kaum zu halten.
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Gustaf: | Mein
König, wo saht ihr hin?
Ich mein die Bauern, Bürger all die Leut´, Nicht den Adel rings um uns.
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Heinrich: | Ja,
die mein ich auch.
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Gustaf: | Und
ihr glaubt wahrhaft,
Das Volk genoß das Trauerspiel?
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Heinrich: | Ich
glaube nicht. Ich weiß!
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Gustaf: | Euer
Hoheit,
Eure Augen täuschten euch. Kein Gesicht sah ich mit Wohlgenuß.
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Heinrich: | Meine
Augen, Fürst,
Sind sehr wohl gesund, Doch weiß ich nicht, Wie´s mit eurem Geiste steht.
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Gustaf: | Mein
Geist ist klarer wie nie.
Meine Ohren hörten nichts von Jubelschreien.
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Heinrich: | (Gereizter.)
Selbst wenn´s so wäre, wie ihr´s sagt, Was wäre dann?! Gerechtigkeit hab´ ich dem Volk gezeigt. Wer König hier im Lande ist, Der sehr wohl zu regieren weiß.
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Gustaf: | Mit
Abschreckung?
An einem solchen feierlichen Tag, wie diesem, Wäre Gnade nicht viel Größeres gewesen, Als dieser Tod?
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Heinrich: | Was
soll das Ganze?!
Habt ihr mir nicht den Schurken mitgebracht? Und wußtet doch sehr wohl, Um dessen Schicksal, welches ihm empfing. Nun wagt ihr es den Akt, Die königlich´ Gerechtigkeit In aller Offenheit mit Zweifeln zu belegen?! Welch ein Glück für euch, Fürst, Ihr seid mein Gast, zudem in Hochzeitsehren, (Steht von seinem Thron auf.) So befehl´ ich euch, zieht euch zurück! Ich werde morgen dann entscheiden.
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(Gustaf
steht auf und geht, Mathilde will ihm nacheilen.)
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Heinrich: | Mathilde!
Ihr bleibt!
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Mathilde: | (Bleibt
kurz steh´n, bittend.)
Mein Gemahl ist er.
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Heinrich: | (Verächtlich.)
Und ich der König! Dann geht.
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(Mathilde
ab.)
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Heinrich: | (Läßt
sich in den Stuhl fallen.)
Was glotzt ihr so?!
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(Getuschel.)
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Zacharias: | (Leise
zum König.)
Welch schwere Prüfung, euer Hoheit, Müßt ihr da besteh´n.
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Heinrich: | Welche
Rolle spielt es jetzt?
Es ist zu spät. Er hat mich bloßgestellt. Welch ein Leichtsinn, Übermut hat ihn geritten.
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Zacharias: | Der
euch einst gefährden könnt´.
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Heinrich: | Für
wahr, recht habt ihr.
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(Vorhang.) |
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Vierte
Szene |
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(Gustaf
steht am Fenster und starrt in die Dunkelheit, die Tür geht auf und
Mathilde kommt herein, Gustaf bleibt regungslos stehen, sieht sich nicht
einmal um.)
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Mathilde: | Was
habt ihr da getan?
Was ist mit euch gescheh´n?
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Gustaf: | Wenn
ich es doch nur selber wüßt´.
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(Mathilde
umarmt ihn von hinten.)
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Mathilde: | Was
wird jetzt nur gescheh´n?
Ich habe solche Furcht, Vor der Zeit, die auf uns da kommen wird, Denn sie ist so finster-ungewiß.
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Gustaf: | Ja,
finster ist sie, gewiß,
Doch kann´s denn wirklich schlimmer werden wie es ist?
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Mathilde: | Wie
soll ich euch versteh´n?
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Gustaf: | Sprecht
nicht von Versteh´n,
Davon kann nun wirklich nicht die Rede sein, So kann ich euch nur sagen, Was ich fühlt´ und fühl.
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Mathilde: | (Legt
ihren Kopf an seinen Rücken.)
Ich höre zu.
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Gustaf: | Des
nachts,
Wenn zur Ruhe ich mich betten will, Kommen wilde Träume, die so lebendig sind, Daß ich nicht fliehen kann, niemals, Wenn ich kämpfen muß, so ist´s wie echt, Ich schmecke Blut und riech´ den Tod, Seit ich euch befreit, ist´s wie ein Fluch. Und jede Nacht muß ich auf´s Neue kämpfen, Töte ihn, doch am Boden seh´ ich einen Knaben liegen, Der mir so vertraut wie fremd auch ist, Jede Nacht und jede Nacht und hört nicht auf, Als wär´s ein Rätsel, welches zu lösen gilt. Der nächste Traum, der darauf folgt, Nie bleibt er fern, als ob er mit dazu gehört´. Ein König, stolz wie bös´, Der Menschenfleisch verschlingt, Der Kopf von einem Kind am Boden liegt, Und dann ein alter, grauer Mann, Der lachend sich am Rade dreht, Und jeder Schlag läßt´s Lachen lauter werden. Der Henker schlägt mit voller Kraft. Plötzlich ist dann Ruh´, der Alte stumm. Zufrieden nimmt der Henker seine Maske ab, Worunter da, der König, Euer Bruder steckt. Sein Gesicht ganz blutverschmiert. Und heut´, da wo das Volk mit stummer Wut Den Tod des Räubers kommen sehen mußte, Durchzog ein schwerer Hieb mein Herz, Wie der Kopf hinab zu Boden fiel. Es ist, als hätte Gott, alles Böse dieser Welt Gegen meine Seel´ in Marsch gesetzt. Doch warum mir? Hab´ ich solch´ Schuld? Verdien´ ich´s so zu leiden? Was hat all dies nur zu bedeuten? Soll ich ein drohend Unheil hindern? Oder büßen, für ein´s, das längst geschehen ist? Oh, Gott, gib mir ein Zeichen, Ich fleh´ dich an, erbarme dich!
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(Vorhang.) |
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letzte Bearbeitung: 29.01.2012 | Literatur | Dramen | Kontakt: Ray Helming |