Götter, Menschen, Irrtümer



Dritter Akt



Erste Szene

 

(Drei Wochen später, Prokris im Dienst der Artemis in ihrem Palast.)

 

Artemis: Du bist

Seit du hier bei mir verweilst

Nicht einen Tag,

Und wenn`s doch nur für Sekunden wär`,

Der Freude nah.

 

Prokris: Wie könnt` ich denn?!

 

Artemis: Du wirst ihn bald vergessen.

Die Zeit, die stärkste Heilungskraft,

Wird alle Wunden heilen,

Er wird durch sie aus deinem Kopf geschafft.

 

Prokris: Sicher,

Ihn werd` ich vielleicht irgendwann vergessen,

Vielleicht auch nicht, doch das Unrecht,

Welches er mir angetan, kann nimmer ich vergessen.

Er gab mir nicht einmal Gelegenheit,

Alles wie es war, in Worte wahr zu sagen.

 

Artemis: Was erwartest du?

Er ist doch nur ein Mann,

Und diese sind halt so.

 

Prokris: Ich weiß, doch dachte ich,

Daß er eben anders wär`.

Nicht wie die Ander`n,

Vielmehr gerecht.

 

Artemis: Gerechte Männer gibt es nicht,

Sie selbst sind es, die es gern glauben wollen.

Doch nur den allerwenigsten ist dies bewußt,

Daß es nicht so ist,

Und diese verschweigen es mit großer Lust.

 

Prokris: Doch wenn es nicht so ist,

Warum wird dann die Menschenwelt

Ausschließlich nur vom Mann regiert,

Entscheidungen vom Mann gefällt?

 

Artemis: Weil der Mann es glaubt,

Daß er über`m Weibe steht,

Und das Weib, selbstlos wie es ist,

Sich seinem Irrtum

Großherzig - doch nur scheinbar - unterwirft.

Es ist nicht schlimm,

Der Mann behält voll Achtung sein Stolz,

 

(Hades kommt herein.)

 

Und nur das Weib, das weiß warum.

Und nur dies Wissen ist`s,

Was dem Weibe reicht,

Kein wahres Weib treibt die Gier nach mehr.

 

Hades: Was redest du für wirres Zeug?

 

Artemis: Sachen,

Die du nicht und nie verstehen wirst.

 

(Zu Prokris gewannt.)

 

Siehst du was ich mein`.

Sie wollen immer alles wissen,

Auch wenn sie`s nicht versteh`n.

 

Hades: Du bist nicht nett.

Da komm` ich mal nach langer Zeit,

Weil ich mir denk`, du würdest dich,

Weil ich schon lang nicht hiergewesen,

Über einen Besuch doch freu`n, bei dir vorbei.

Das erste was dir kommt in deinen Sinn,

Nein du schenkst mir keinen honigsüßen Weine ein,

Statt dessen willst du gleich ein Wortgefecht,

Um vor deinem Gast,

Du hast uns nicht mal vorgestellt,

Zu zeigen welche Macht du hast

Und was sonst noch in dir steckt.

Redest von Weibeskraft - so`n Quatsch.

 

Artemis: Du hast ja recht,

Es war nicht nett von mir,

Doch ist sie nicht mein Gast,

Meine neue Dienerin, ein Menschenkind ist sie,

Welche wurd` vom harten Los

Des Schicksalsschlag so schwer getroffen,

Daß ich versucht` der armen Prokris

Etwas Trost zu spenden,

Und in diesem Augenblick schaust du vorbei.

Prokris, geh` etwas Wein, vom Guten, holen

Und schenk` uns dann auch ein!

 

(Prokris geht.)

 

Es ist die Frau des Kephalos,

Welchen sich die Morgenschöne holte,

Die ich dann zwang ihn geh`n zu lassen

Und durch gar göttliches Geschick

Kam der Kephalos zurück,

Nur seine Prokris, die kam zu mir.

Zu ihrem, oder war`s nun mein eigen Glück?

Egal, sie ist nun hier bis ich befind`,

Daß sie genug gedient.

 

Hades: Ein schönes Kind,

Ich kann versteh`n, warum du sie genommen hast.

 

Artemis: Als ich den Pakt mit meinem Bruder schloß,

Wo ihr Schicksal sollt beschlossen werden,

Hatt` ich sie noch nicht einmal geseh`n.

Du siehst,

Auch wir Götter brauchen hin und wieder Glück.

Sie leistet mir, seit sie hier verweilt,

Treue Dienste und ist auch so sehr umgänglich,

Nur die Trauer um ihren Mann,

Der sie verstoßen hat, will nicht enden.

 

Hades: Ich nehme an,

Du gibst sie nicht,

Und wär`s nur für einen Tag,

Aus deinen Diensten fort?

 

Artemis: Ganz recht.

Noch will ich sie an meiner Seite wissen.

Wer weiß, wofür ich sie noch kann gebrauchen.





 

Zweite Szene

 

(Apollon kommt zu Kephalos, der am Brunnen sitzt, in Gedanken an seine einst`ge Liebe hängt.)

 

Apollon: Dumm gelaufen, würd` ich sagen.

 

Kephalos: Das ist`s, wahrhaft!

Doch, wer bist du und wo kommst du her?

Seit ich meine Prokris schickte fort,

Verlief sich hierher zu mir kein Mensch,

An diesen schlimmen Ort.

 

Apollon: Ich weiß.

 

Kephalos: Wäre sie doch einen Tag nur länger hart geblieben,

Dann hätt` ich ihr vielleicht sogar vergeben.

Aber daß sie nicht mal warten konnt`,...

 

Apollon: Vergeben woll`st du ihr?

Wofür?

Daß du Narr blind auf eine Göttin bist

hineingefall`n?

Daß deine Frau den falschen Rat

Der Selbigen hat im guten Glauben wohl geglaubt,

Und auch vertraut, und so wie ihr geraten,

Folgten ihre braven Taten?

 

Kephalos: Du sprichst in Rätseln?

Bist du etwa auch eine,

Der den Olymp sein Wohnort nennt?

 

Apollon: Ganz recht.

Ich bin der Gott, der die neun Töchter des Zeus

Und der Mnemosyne auf der Lyra begleitet,

Der mit dem Bogen kein Ziel verfehlt,

Der aber auch die Heilung bringt,

Zu guter letzt bin ich der Gott,

Der sagt was war, was ist

Und was auch immer je geschehen wird.

Doch du, du bist ein Narr!

Ein Nichts, ein Sterblicher,

Und trotzdem kam ich mit der Absicht her,

Dich über ein paar Dinge aufzuklären,

Die hier scheinbar falschgelaufen,

Doch nur weil hier jemand,

Und ich meine wohl es war ein Götterwesen,

Heftigst hat in seinem Sinne nachgeholfen.

 

(Apollon erzählt dem armen Kephalos alles was sich, bis zu diesem Zeitpunkt, zugetragen hat.)

 

Kephalos: Und was soll ich deiner Meinung tun?

 

Apollon: Ich bin bereit dir auch ein weit`res Mal zu helfen.



 

Dritte Szene

 

(Apollon und Kephalos kommen in den Palast der Artemis.)

 

Artemis: Zwei Freunden gleichend, schaut ihr aus,

Doch eure Minen sehen nicht so freudig aus.

 

Apollon: Ach Schwesterherz, verspotte nicht den Toren,

Der schon einmal auf deinen Rat hin hat

Seine Liebe an dich verloren.

 

(Prokris kommt hinzu.)

 

Prokris: Ach mein Kephalos,

Was hast du nur, in der Gesellschaft

Dieses falschen Gottes, hier verloren?

Es wahr sein falscher Rat,

Der mich in die Dienste dieser Göttin gab.

 

Kephalos: Ach mein Herz,

Es ist nicht ganz so,

Wie du`s hast erlebt.

 

Artemis: Ganz recht,

Dein verloren Pakt war`s,

Der dich in meinen Dienst zum Zeitpunkt gab,

Als eure Liebe hat versagt.

 

Apollon: Doch nur durch deine trügerische List,

Als du dich für den ausgabst,

Der du nicht bist.

So ist es sicher auch dein Verdienst,

Daß seine Liebe zu seiner Frau in`s wanken kam.

 

Artemis: Wer sollte`s mir denn verwehren?

Ist`s nicht gleich, wie man an sein Ziel gelangt?

Und wenn man da die Möglichkeit besitzt

Eine Fähigkeit zu gebrauchen,

Die man nun mal besitzt.

 

Apollon: Du meinst missbrauchen.

Und da wir schon beim Thema sind,

Bitt` ich dich gleich den armen Manne hier,

Freiweg zu sagen, wie und wer es wirklich war,

Der ihn hat die falsche Probe,

Das Zweifeln an der einzigst wahren Liebe,

Die ihn traf und trifft,

Stinkend in sein Hirn gelegt!

 

(Artemis verwandelt sich in die Dienerin der Eos.)

 

Apollon: Doch das war noch lang` nicht alles.

 

(Zu Prokris gewannt.)

 

Sie war`s, die dir den falschen Rat hat zugesagt,

Auf daß du ihr vertrauend ihr den Glauben gabst.

Doch hiermit sag` ich den Pakt nun frei.

Es sei, wie`s werden soll.

 

Kephalos: Heißt dies, wir könn` geh`n?

Ich mein, darf ich meine Prokris mit mir nehm`?

Zu tiefst steh`n wir in deiner Schuld.

Wie können wir nur einen Bruchteil von dieser dir

begleichen?

 

Apollon: Vertraut niemanden!

Nur eurem Herz und eurem Verstand.

Glaubt keinem, auch nicht denen,

Die da sagen, sie seien von einem Gott gesandt,

Denn diese lügen in den meisten Fällen,

Denn ein Gott, der sendet nicht,

Denn dies ist alleine Hermes,

Meines lieben Bruders Pflicht,

Und dieser ist doch schließlich auch ein Gott.

Und beugt euch niemals gegen euren Willen

Auch keinem Gott,

Denn wenn ihr nicht wollt,

So schafft es auch kein Gott.

Verschließt ganz fest euer Herzensverstand,

Dann ist jede Gefahr gebannt,

Die von einem Gott gesandt.

 

Artemis: Was tust du da?!

Du kannst ihnen doch nicht uns`re Macht verraten!

Bist du vollkommen wirr im Götterrausch??

Ich hoffe sehr,

Daß du auch weißt, was du da tust!

 

Apollon: Nur ich allein

Kann ohne Grenzen in die Zukunft schau`n

Und du kannst meinen Worten wohl vertrau`n.

 

Artemis: Doch bevor sie uns verlassen,

Möcht ich meiner einst`gen treuen Dienerin

Ein Geschenk mit Liebe überreichen.

Denn ich will nicht,

Daß auch nur einer dieser beiden Menschenkinder

Ein all zu schlechtes Bild von mir

In ihren Köpfen drin`behalten.

Also nimm für deinen treuen Dienst,

Den du mir, auch nur sehr kurz, erwies`t,

Diesen stolzen Sperr, der kein Ziel verfehlt

Und jedes Opfer tödlich trifft,

Wenn er durch die Lüfte geht.

 

Prokris: Ich danke dir.

 

Kephalos: Auch ich dank` dir für diese Gabe

Und muß nun zugesteh`n,

Daß auch ich nicht war von Schuld ganz frei.

 

(Zu Apollon gewannt.)

 

Und dein Wort will ich ein` jedem künden,

Der da lebt und den ich seh`,

Dies ist mein Versprechen

Bevor ich mit meiner Prokris geh`.

 

(Beide Menschen geh`n.)

 

Artemis: Meinst du, daß sie`s verstanden haben?

 

Apollon: Nein,

Das haben sie ganz sicher nicht.





 

Vierte Szene

 

(Kephalos und Prokris da Heim im Schlafgemach.)

 

Kephalos: Tiefstes Unrecht hab` ich dir zugefügt.

Daß ich...

 

Prokris: Sei ruhig!

Es ist doch nun vorbei. Und als Zeichen,

Daß ich dir verzeih`, will ich dir,

Auf daß du nie mit leeren Händen

Von der Jagd nach Hause kehrst,

Artemis Sperr für deine Jagd dir überlassen.

Doch aber laß uns einen Plan verfassen,

Daß uns solch ein Götterschlag

In Zukunft nie mehr treffen mag,

Den wir tief in uns`rem Herzen tragen,

Und um uns zu erkennen,

Laß uns nach dem Plane fragen,

Somit jeder Irrtum ausgeschlossen ist.

 

Kephalos: Weise ist dein Wort, mein Weib.

D`rum laß uns gleich damit beginnen,

Diesen deinen Plan in die Tat zu bringen.

So daß niemand es mehr kann,

Uns gegenseitig aufeinander,

Auf daß wir uns`re Herzen bös` verletzen, los zu hetzen.

 

 

 

 

Inhalt

 

letzte Bearbeitung: 29.01.2012 Literatur Dramen Kontakt: Ray Helming