Götter,
Menschen, Irrtümer Fünfter Akt |
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Erste
Szene
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(Kephalos
verlässt das Haus und will zur Jagd.
Artemis in Gestalt einer alten Dienerin arbeitet im Haus der Prokris.)
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Prokris: | Viel
Glück mein Kephalos,
Und komm mit einem prächt`gen Wild wieder.
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Kephalos: | Dein
Wunsch sei mir Befehl.
Ich werde jagen, wie ein Wilder.
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(Kephalos
verschwindet.
Prokris geht zur Alten.)
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Prokris: | Nur
zu, meine liebe Alte,
Daß wir das Haus im Reinen haben, Bevor mein Mann Von der Jagd nach Hause kehrt zurück.
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Artemis: | Meint
ihr wirklich,
Daß euer Mann stellt den Hirschen Und den Ebern nach?!
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Prokris: | Was
redest du für Zeug?!
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Artemis: | Mir
machen diese Männer nichts mehr vor.
Ich sah`s an seinem Blick. Auf ganz and`re Jagd hat er sich grad` begeben.
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Prokris: | Schweig`still,
du Weib!
Nichts von dem, will ich mehr hören!
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Artemis: | So
jung auch eure Augen sind,
So blind seid ihr. Glaubt ihr mir nicht, So lauft ihm nach, um euch eines bess`ren zu belehren. Sollten meine Worte Lügen sein, Jagt mich davon, Durch Steinenhagel fort.
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Prokris: | Nichts
der gleichen werd` ich tun.
Und schweigst du nicht auf der Stell`, Werd` ich die Peitsche hol`n, Um dich mit eignen Händen tot zu schlagen.
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Artemis: | Ich
bin schon still und schweig`.
Soll doch ein jeder seh`n wo er bleibt.
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(Prokris
verläßt das Haus um im Garten zu warten.)
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Prokris: | Ach
diese Alte, mit ihr`m Geschwätz,
Hat sie mir neue Zweifel in meinen Kopf gesät. Ach Kephalos, verzeih` mir diese, meine Schwäche, Doch kann ich nicht in Zweifel leben, Muß ich doch alles klar und deutlich seh`n. Und sei`s, um mich nicht nur zu vergewissern, Sondern um alle Zweifel los zu sein, Muß ich dir folgen.
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(Prokris
schleicht ihrem Kephalos nach.)
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Zweite
Szene
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(Kephalos
auf der Jagd. Prokris hat ihn eingeholt und verbirgt sich unauffällig in
einem Gebüsch.)
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Kephalos: | Oh,
du dunkle Schöne,
Fühlst dich in deinem grünen Haus Vor meinem Aug so sicher, Daß du`s dir leisten kannst Mit den Blättern rum zu spielen, Mich zu locken. Dir werd` ich`s zeigen. Du entkommst mir nicht, Ich habe bis her jede Schöne doch bekommen.
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(Er
schleudert seinen Sperr.)
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Artemis
war mir wieder holt,
Getroffen ging das Tier zu Boden. Doch was ist das?! Ein Mensch? Ein Mensch! Was habe ich getan?! Welch ein Unglück ist mir nur gescheh`n?! Daß ich... Beim Zeus, ich bitte dich, Laß es nicht meine Prokris sein, Die ich dort liegen seh`!!! Ich fleh` dich an!!
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(In
Windeseile rennt er zur sterbenden Prokris.)
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Prokris: | Sag`
mir, daß du sie nicht liebst! Sag`s!
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Kephalos: | Was
habe ich da getan?!
Was folgtest du mir, Daß ich dich für ein Wild halten mußte. Oh, warum?!
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Prokris: | Sag`
mir nur,
Daß du sie nie so lieben wirst wie mich! Sag`s bevor ich gehen muß! Jetzt!
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Kephalos: | Was
redest du
In der Stunde deines Geh`ns für wirres Zeug? Wen soll ich nicht lieben?
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Prokris: | Tu
nicht so, du Treuloser.
Selbst im Augenblick, in dem ich im sterben lieg`, Machst du mir noch was vor. Mit meinen Ohren hab` ich`s selbst gehört, Wie du leise mit der dunklen Schönen sprachst.
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Kephalos: | Ach
meine geliebte Prokris,
Wer hat dich nur so aufgebracht, Daß du glaubst, daß ich dich mit einem Wild, Denn mit diesem sprach ich zwar nicht, Ich sprach zu mir, Doch war dieses wohl gemeint, betrügen würd`? Und nun liegst du in meinem Arm.
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Prokris: | Die
dunkle Schöne ist keine Frau?
Ein Wild war von dir gemeint? Wie konnt´ ich nur so töricht sein Und auf diese Alte hören! Nun ist`s zu spät. Lebe wohl!
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(Prokris
ist tot.)
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Dritte
Szene
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(Ein
halbes Jahr ist vergangen. Kephalos im Schlafgemach der Artemis.)
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Kephalos: | Warum
sagst du das?
Aber du hast recht, ich vergesse immer öfter, Daß ich sie nie vergessen wollt. Die Zeit kann dem einem Heilung Durch Vergessen bringen Und dem and`ren tiefsten Schmerz Durch die ewige Erinnerung. Doch durch die Güte deiner Liebe, Deinem Trost, mir zu liebe, Lieg` ich mit Zufriedenheit in deinem Schoß.
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Artemis: | Ich
hör` und seh` dich noch,
Wie du dich mit Händen und mit Füssen Mir zu widersteh`n - widersetzen suchtest. Ein reizend Bild. Und dadurch wurd` mein Verlangen Immer größer dich zu haben. Und nun, da ich nichts zu fürchten brauch`, Kann ich dir es ruhig sagen, Daß ich es war, die Prokris, Dir zu misstrauen hinterdrein geschickt, In weiser Sicht, daß der Sperr sie trifft, Daß ihr Herz erlischt.
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Kephalos: | Welch
ein falscher, tückisch Plan.
So sehr begehrtest du mich?
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Artemis: | Und
ob.
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Kephalos: | Was
findest du an mir,
Der ich ein sterblicher auf Erden bin?
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Artemis: | Ich
weiß es nicht.
Dein Ausseh`n, Benehmen, einfach dein Genie, Alles zog mich in deinen Bann, Der von Mal zu Mal ein größ`res Stück Von meinem Herz gewann. Ich seh` du schmollst mir nicht um meine Tat?
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Kephalos: | Mit
Nichten. Wieso sollte ich?
Ist die eine fort, die Meine war, Zu einem Ort, wo ich sie nie mehr herbekomm`, Nur wenn ich ihr auf ihren Spuren folgen würd`, Könnt ich sie für ewig, wär - für ewig Mein. Doch mir geht`s gut, ich kann nicht klagen. Deine Liebe gibt der Meinen, Die noch jung und klein ständig neue Kraft. Also sag` mir, wieso soll ich etwas neues Wunderschönes auch noch verlieren, Wo ich doch das Alte grad` vergaß. Um der alten Liebe Willen, Die nicht mehr am Leben bleiben konnt´? Nein, das Leben geht auch ohne alte Liebe weiter, Mein Glück, daß mir `ne neue Liebe kam. Wer Gold verliert und neues find, Wirft dieses nicht auch noch fort.
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Vierte
Szene
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(Hades
und Prokris spazieren am Ufer des Pyriphlegethon, einer der drei
Unterweltströme.)
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Hades: | Dein
Schicksal war besiegelt,
Als ich dich im Dienst der Artemis sah. Von da an wußte ich, daß ich dich haben will Und werd`. So schmiedete ich mit ihr, Denn sie begehrte es nach deinem Kephalos, Den Plan, wie ich dich Und sie ihn verführen könnte. Doch da es uns durch eure List nicht gelang Schmiedeten wir einen neuen Plan. Doch war es nicht die Verführung, Die wir entsannen. So war es ihr Wunsch und ihre Arglist, Die dich durch den Sperr zu mir geschickt, Daß sie unbeschränkt über deinen Kephalos, Der nun ihr gehört, verfügen mag. Und kein Weg führt nun mehr zurück.
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Prokris: | So
sehr ich`s weiß,
So sehr will ich`s auch nicht. Soll sie über ihn bis an sein Ende Nach ihrem Dünken sein Leben lenken, Über ihn verfügen wie sie`s will. Hab` ich doch nun sehr wohl erkannt, Daß, so sehr man sich auch sicher fühlt, Gegen Dinge, die sich unser`m Verstand Mit Leichtigkeit entzieh`n Und auch gegen Ereignisse, Auf die wir durch uns`re Nichtigkeit Keinen Einfluß haben können, Alle Sicherheiten, denen wir glauben Und auch noch vertrau`n, Nichts als sichre Irrtümer. Also füge ich mich Dem mir bestimmten Schicksal Und genieße es, Bevor ich`s leidlich tragen müßt.
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Ende
Ray Helming, Mai-Juli `97 |
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letzte Bearbeitung: 29.01.2012 | Literatur | Dramen | Kontakt: Ray Helming |